1 Mai Rede in Bern zur Demokratie-Initiative von Emine Sariaslan

Während die Preise überall steigen, sinken die Reallöhne schon das dritte Jahr in Folge. Eine solche Situation bei den Reallöhnen hat es seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben. Die Arbeitgeber gleichen die Teuerung nicht aus und behalten die Produktivitätsgewinne für sich. Gleichzeitig treiben sie profitorientierten Preisanpassungen die Lebenshaltungskosten in die Höhe, was die Arbeiter und Arbeiterinnen in existenzielle Schwierigkeiten bringt.

Die steigenden Kosten treffen nicht alle gleich! Der Kampf ums Überleben ist für diejenigen, die weniger verdienen, noch schwieriger geworden. In die Ferien gehen, im Restaurant essen oder für die eigenen Kinder Spielsachen kaufen, etc. gehören der Vergangenheit an.

Zu den wenig Verdienenden gehören auch Migranten und Migrantinnen. Sie sind in Bezug auf Löhne, Arbeitsbedingungen, Zugang zu Beschäftigung und Ausbildung, sowie sozialer Sicherheit benachteiligt und diskriminiert, obwohl sie gleichwertige Arbeit leisten.

Arbeitende mit ausländischer Herkunft erhalten tiefere Löhne als Schweizerinnen und Schweizer. Die Ausbildung und Diplome der ersten Generation werden in der Schweiz nicht anerkannt. Deswegen werden sie in Jobs eingestellt, die unter ihrem Qualifikationsniveau liegen. Entsprechend gering ist das Lohnniveau bei der ersten Beschäftigung. Weiterhin nehmen die Lohnabschläge mit steigendem Alter zu. Gleichwohl haben auch Migranten mit Hochschulabschluss etwas niedrigere Einstiegslöhne als einheimische Akademiker.

Der Aufenthaltsstatus und die geografische Herkunft hat einen Einfluss auf die Stellung der Erwerbstätigen im Arbeitsmarkt. Untersuchungen zeigen, dass sich unsichere Aufenthaltsrechte besonders nachteilig auf die Löhne auswirken.

Wir akzeptieren diese Ungleichbehandlung und 
Diskriminierung NICHT! 

Am dritten März von diesem Jahr haben wir mit unserer Initiative für eine 13 AHV Rente Geschichte geschrieben. Und wir haben gewonnen, weil wir solidarisch und gemeinsam gekämpft haben. Die Mehrheit der eingebürgerten Migranten und Migrantinnen haben für die 13 AHV Rente gestimmt. Aber auch Kolleginnen und Kollegen ohne Schweizerpass. Sie haben gemeinsam mit uns diesen Kampf geführt. Auch wenn sie am Schluss nicht abstimmen durften. Wir sollten aus diesem Erfolg lernen, dass wir uns für die politischen Rechte unserer Kolleginnen und Kollegen ohne Schweizerpass mehr einsetzen müssen und wir sollten uns als Gewerkschaften, Linke, Progressive stärker für die Demokratie-Initiative engagieren und Unterschriften sammeln. Eine soziale Schweiz kann man nur mit mehr Solidarität erreichen.

Recht auf Einbürgerung

Doch wie sieht es in der Realität aus: Noch immer anerkennt die Schweiz ein Viertel ihrer Bevölkerung nicht als gleichberechtigt an–und spricht diesem Viertel damit die Partizipation an der Demokratie ab. Den Kern jeder modernen Demokratie bilden doch gleiche Rechte. In der Schweiz hängt ausgerechnet das grundlegende Recht der Staatsbürgerschaft immer noch von der Herkunft ab. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen, die seit Jahren in diesem Land leben, aufgrund bestimmter sozialer und rechtlicher Kriterien an der Einbürgerung gehindert werden. Das möchten wir ändern.

Am 23. Mai 2023 haben wir die Demokratie Initiative lanciert. Die Initiative fordert einen Paradigmenwechsel im Schweizer Bürgerrecht: Wer dauerhaft hier lebt und objektive, abschliessende Kriterien erfüllt, soll einen Anspruch auf die Einbürgerung haben. Das Einbürgerungsverfahren soll vereinfacht und die heute oftmals vorherrschende Willkür beendet werden. Damit wird die Demokratie weiterentwickelt–für alle, die hier zuhause sind.

Wir, Migranten und Migrantinnen sind Teil der Gesellschaft in der Schweiz. Wir möchten am politischen Leben Teilnehmen und mitbestimmen.

Wir arbeiten und leben Seite an Seite mit unseren Kolleginnen und Kollegen ohne Migrationsgeschihkte. Deshalb ist jeder Versuch uns zu spalten, eine Masche, um unseren gemeinsamen Kampf für eine bessere, sozialere und gerechtere Gesellschaft zu schwächen. Wir aber lassen uns nicht spalten.

Wir sollen unsere Solidarität für Gerechtigkeit stärken. Menschen, die seit vielen Jahren in der Schweiz leben oder sogar in der Schweiz zur Welt gekommen sind, hier in die Schule gehen, arbeiten, Steuern bezahlen sollen auch mitbestimmen, mitgestalten. Wir fordern auch Gerechtigkeit bei der Einbürgerung. Das können wir erreichen, wenn wir dafür gemeinsam stehen.

Ich bitte ich euch alle, unsere Einbürgerungsinitiative, welche die Einbürgerungsverfahren vereinheitlichen und vereinfachen will zu unterschreiben.

Es lebe die Solidarität

Es lebe die Demokratie Es lebe die Einheit der Werktätigen!

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