Kein Frieden ohne Gerechtigkeit!

Das schweizerische Bürgerrecht grenzt einen Viertel unserer Mitbewohner*innen aus. Das
ist ein demokratischer Skandal, den die Demokratie-Initiative jetzt angeht. Ein friedliches
Zusammenleben setzt eine angemessene demokratische Inklusion voraus.

Jorge Cancio, Mitglied des Initiativkomitees der Demokratie-Initiative

Oft hören wir diesen Ruf: «Kein Frieden ohne Gerechtigkeit!», in Demos, in Diskussionen oder
anderen aktivistischen Artikeln. Und tatsächlich: er fasst ein wichtiges Prinzip zusammen. Frieden
ist viel mehr als die Abwesenheit von Krieg oder sichtbarer Gewalt. Frieden setzt ein gewisses
Mass an sozialer und politischer Gerechtigkeit, an Freiheiten und sozialen und politischen Rechten
voraus. Oft denken wir dabei an Menschen im Ausland, die unter verschiedenen Diskriminierungen
und Ausgrenzungen leiden. Und wir solidarisieren uns entsprechend, organisieren
Unterstützungskomitees, Demos und andere Aktionen, um Gerechtigkeit einzufordern. Gleichzeitig
sind wir seit Jahrzehnten so durch die rechtsreaktionäre Hetze gegen die Ausländer:innen – man
denke an die Initiativen gegen die «Überfremdung» in den 1970er-Jahren, ausländerfeindliche
Initiativen der SVP, zuletzt die neue Volksinitiative gegen die «10 Millionen Schweiz» – dominiert
und eingeschüchtert, dass wir die Ausgrenzung im eigenen Lande entweder stillschweigend
hinnehmen oder gar nicht mehr erkennen.

Kunstwerke von : Diego Cancio Villalba

Die immer wieder in der Presse berichteten Schikanen gegen Ausländer:innen in prekären
Verhältnissen (sei es in willkürlichen Einbürgerungsverfahren oder im Zusammenhang mit extrem
langsamen Erneuerungen der Aufenthaltsbewilligungen, wie zuletzt in Biel) sind nur die
sprichwörtliche Spitze des Eisbergs: Symptom eines ausgrenzenden, menschenverachtenden
Systems, welches in unseren Städten oft mehr als ein Drittel unserer Mitmenschen zu Menschen
zweiter Klasse degradiert und in absurde und unvorstellbare Nöte treibt, u.a. wenn sie während
Monaten auf die Erneuerung ihrer Aufenthaltsbewilligung warten und deshalb Jobmöglichkeiten
verlieren, bei Polizeikontrollen in Erklärungsnot geraten und allgemein prekär unter uns leben
müssen, wie die lokale Presse mehrmals berichtete.

Kunstwerke von : Diego Cancio Villalba

Mitmenschen, die zum grossen Teil seit Jahrzehnten unter uns leben, oder sogar seit
Generationen, und die dennoch zu „Papierli-Ausländer:innen“ abgestempelt werden. Menschen,
denen man mit einem teuren und dem europaweit (nach Litauen) schwierigsten
Einbürgerungsverfahren die Möglichkeit verwehrt, auf dem Papier «Schweizer:in» zu werden.
Mitmenschen, die dadurch in eine prekäre Lage gedrückt werden, wo sie immer wieder um ihre
soziale Lage und ihre Aufenthaltssicherheit bangen müssen. Menschen, die dadurch erpressbar
und ausbeutbar gemacht werden. Menschen, die immer wieder zum Sündenbock für alle
möglichen Probleme gemacht werden, sei es Wohnungsnot, steigende Krankenkassenprämien
oder Arbeitslosigkeit (siehe z.B. die Broschüre, die kürzlich zusammen mit der neuen
Volksinitiative gegen die 10 Millionen Schweiz, allen Haushalten der Schweiz in den Briefkasten
gelegt wurde).

Kunstwerke von : Diego Cancio Villalba

Der zivilgesellschaftliche Verein «Aktion Vierviertel» hat im Mai letzten Jahres den Mut gehabt,
den Kern dieses ausgrenzenden Systems anzufechten: unser völlig schikanöses Bürgerrecht.
Dafür hat er die Demokratie-Initiative https://demokratie-volksinitiative.ch/ lanciert, damit alle
Einwohner*innen der Schweiz als vollwertige Mitglieder anerkannt werden und die Chance
erhalten, am politischen und gesellschaftlichen Leben vollwertig teilhaben zu dürfen.
Wir haben bisher etwa die Hälfte der Unterschriften gesammelt. Nun haben wir bis November
2024 Zeit, 100’000 gültige Unterschriften zusammen zu bekommen. Leider sind aber noch viel zu
wenige Leute aktiv.

Mach mit! Melde Dich bei Deinem nächsten Lokalkomitee der Initiative. Oder gründe eins! Wir
brauchen Dich, denn ohne Gerechtigkeit werden wir keinen wahrhaften Frieden haben.

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